Er war sicher kein Leckerbissen für Volleyball-Gourmets, dieser klar klingende Sieg der Hammelburg Volleys gegen Dresden, eher Hausmannskost.

Branko Damjanovic gehörte wieder zu den Besten bei den Hammelburg Volleys (Foto: Jens Feistel)
Oder, wie Hallensprecher Oliver Wendt es formulierte, "Fastfood, die einen kurzzeitig satt macht, bei der man aber nach fünf Minuten wieder Hunger bekommt". Und dann gab eben dieser Olly Wendt den Hammelburger Fans eine schwer verdauliche "Pille" zu schlucken.
Das Spiel begann ausgeglichen. Was erstaunlich war, wenn man die Corona-Vorgeschichte der Dresdner bedenkt. Die waren zwar in voller Mannschaftsstärke angereist, konnten aber laut ihrem Trainer Niklas Peisl ein paar Tage so gut wie gar nicht gemeinsam trainieren. Erst am Donnerstag vor dem Spiel hätten sich die letzten drei Spieler aus der Quarantäne "freigetestet".
Dafür hielten die Gäste bis zur Hälfte des 1. Satzes gut mit, wobei beide Teams ihre Spielzüge auffällig oft über die Mitte abschlossen. Den Hammelburgern gelang dank eines Super-Doppelblocks und einiger Dresdner Fehler ein Drei-Punkte-Vorsprung (15:12).
Trainer Thiago Welter brachte in der Annahme Lukas Greinwald für Finn Jansen. Er machte seine Sache gut in einer Phase, in der beide Mannschaften "Kraut und Rüben" spielten. Netzangaben und leichte Fehler häuften sich auf beiden Seiten.
Dennoch gelang es den Volleys, - auch dank eines langsam heiß laufenden Branko Damjanovic - ihren Vorsprung bis in die Crunchtime zu behaupteten und sogar auszubauen. Am Ende war es ein souveräner Satzgewinn.
Umbruch im Team steht bevor
Mitten in diese leichte Euphorie platzte Hallensprecher Wendt, der auch als Teammanager fungiert. Den Zuschauern auf der Tribüne kündigte er einen Umbruch an, "den wir so noch nicht hatten". Einige Stammspieler würden, vor allem aus beruflichen Gründen, den Verein verlassen.
Er sprach von "neuen Spielern, neuen Gesichtern, einer neuen Generation", die sich nächste Saison auf dem Spielfeld präsentieren werde. Und er bat das Publikum vorausschauend um seine Unterstützung für den Fall, dass es dann nicht so gut laufen sollte. Wendt wies darauf hin, dass die "alte" Mannschaft so nur noch in zwei Heimspielen zu sehen sei.
Konkrete Namen wollte der Teammanager auf Nachfrage dieser Zeitung offiziell keine nennen. Man habe noch nicht mit allen Spielern gesprochen. Aber er versprach nähere Informationen in den nächsten Tagen.
Was immer dann verkündet wird: Am Spiel der Volleys im 2. Satz ließ sich nicht ablesen, welche Akteure gehen und welche bleiben. Nach ausgeglichenem Beginn gelang es den Hammelburgern erneut, sich abzusetzen. Wieder brachten sie den Vorsprung ins Ziel. Wobei sich zum Ende des Spielabschnitts die Fehlaufschläge auf beiden Seiten in erschreckender Weise häuften.
Nun entstand eine interessante psychologische Situation: Die Hammelburger konnten "den Deckel draufmachen"; die Dresdner mussten "ihre Flamme zum Lodern bringen", um noch etwas zu reißen. Und sie drehten auf.
Diesmal gelang es den Gästen, stets hauchzart in Führung zu liegen. Mehr als der Ausgleich gelang den TV/DJKlern nie. Trainer Welters Schachzug, beim Stand von 21:21 den für seine Flatterangaben gefürchteten Janick Sill für Damjanovic zu bringen, ging nicht auf. Als Nils Rehmeier beim Stand von 22:24 bei einer Abwehraktion das Netz berührte, hatten die Dresdner gleich ihren ersten von zwei Satzbällen verwandelt.
Was nun, Hammelburg? Keiner der Gastgeber wollte in den Tie-Break gegen im Vorfeld so gebeutelte Sachsen gehen. Die aber ihrerseits den Satz nicht verlieren durften, um im Spiel zu bleiben.
Dieser Umstand schien die Volleys mehr zu hemmen als die Dresdner. Kein Team schaffte es, sich abzusetzen. Und dann kurz vor Schluss bei einer Abwehraktion die Szene, bei der Branko Damjanovic überkochte. Kurz geriet er verbal mit einem Mitspieler aneinander und jeder, der es mitbekommen hatte, fragte sich, ob das die Volleys nun zum Nachteil gereicht.
Die Sorge blieb unbegründet. Trainer Welter beruhigte und "El Diabolo" Damjanovic tat, was ein erstligaerfahrener Spieler tun muss: Er wandelte seinen Frust in positive Energie um. Bei Satzball Dresden (23:24) besorgte er den Ausgleich selbst, blockte dann gemeinsam mit Rehmeier zum eigenen 25:24-Vorteil. Und als die Sachsens den Ball trotz Kopfballs nicht unter Kontrolle bekamen, hatte Hammelburg gewonnen.
Danach gab Damjanovic zu, dass sein Team nicht gut gespielt habe. Nach den gewonnenen ersten beiden Sätze dachte man man wohl, dass Dresden den 3. Satz herschenke. Diese Einstellung tauge im Volleyball nicht. Es habe dann etwas gedauert, bis die Mannschaft wieder das passende Niveau erreichte. Er als erfahrener Spieler habe sich in der Pflicht gesehen voranzugehen. Der Disput mit dem Mitspieler kurz vor Schluss nutzte dem Team seiner Ansicht nach. "Most valuable player" wurde Hammelburgs Nummer 13 übrigens nicht, sondern Zuspieler Hannes Krochmann.
Thiago Welter sagte, er habe trotz der vielen Dresdner Vorgeschichte angesichts der letzten guten Partien dieses Teams "ein sehr enges Spiel erwartet". Mit dem 1. Satz war der Trainer unzufrieden, weil sein Team den mangelnden Aufschlagdruck der Gäste nicht konsequent genug ausgenutzt habe. Der Satz hätte klarer ausgehen müssen.
Dafür war er umso glücklicher, dass seine Jungs sich im 2. und 3. Satz gefangen hätten. Letzteren hätten sie noch sehr eng gestaltet, nachdem sie zwischenzeitlich vier oder fünf Punkte hinten lagen. Im 4. Satz habe das Team seinen Job gut gemacht, auch wenn es am Schluss wieder eng wurde.
Emotionale Szene geklärt
Die emotionale Szene kurz vor Schluss wollte Welter nicht überbewerten. In so einer Abwehrsituation sei nicht ungewöhnlich, dass zwei aneinandergeraten. Keiner habe den Ball verloren geben wollen. "Ich bin glücklich, dass wir sehr starke Charaktere in der Mannschaft haben, die nicht verlieren wollen." Beide Spieler hätten die Sache nach der Partie geklärt.
Dresdens Coach Niklas Peisl sah ein "gutes Zweitligaspiel mit zu vielen Fehlern beider Mannschaften". Hammelburg habe verdient gewonnen, weil es auch weniger Fehler gemacht habe. Das sei auch in der Endphase des 4. Satzes entscheidend gewesen. An den Unzulänglichkeiten und der Konstanz arbeite man schon die ganze Saison. Mit seinem Team war Peisl angesichts der unruhigen Woche "überhaupt nicht unzufrieden".
Quelle: Saale-Zeitung