Georg Klein spielte für die beiden erfolgreichsten deutschen Volleyball-Klubs, in der Saison 2016/17 für den VfB Friedrichshafen, von 2017 bis 2020 und nach einem Jahr Pause noch einmal 2021/22 für die BERLIN RECYCLING Volleys.
Mit den Schwaben wurde er Pokalsieger, mit den Berlinern dreimal Deutscher Meister und ein weiteres Mal Cupgewinner. Vor dem Auftakt in der Volleyball-Bundesliga am 21. Oktober (19.30 Uhr) in der Max-Schmeling-Halle erinnert sich der 34-Jährige, der seine aktive Karriere beendet hat und dafür beim Sender Dyn VBL-Spiele kommentiert, an Duelle mit großer Rivalität, beurteilt die Entwicklung in Friedrichshafen und gibt eine Einschätzung zur wachsenden Bundesliga.
Die VBL startet in dieser Saison gleich mit dem deutschen Klassiker Berlin gegen Friedrichshafen. Sind Sie dabei, Herr Klein?
Georg Klein : "Bisher steht es so in meiner Planung. Ich kommentiere für Dyn viele Spiele, im Wechsel mit Robert Kromm , Felix Fischer und Sebastian Kühner und habe mich als möglichen Kommentator für das Friedrichshafen-Spiel angeboten."
Ich habe vom Klassiker gesprochen. Ist dieses Duell überhaupt noch der Klassiker?
Klein: "Doch, schon. Natürlich haben wir im letzten Jahr zum ersten Mal ein anderes Finale gesehen seit vielen, vielen Jahren. Aber es ist immer noch dieses ewige Duell, gerade für Leute, die schon länger dabei sind. Für die ist es das Topspiel, auf das sich alle freuen."
Fühlte es sich für Sie irgendwie komisch an, dass es am Ende der vergangenen Saison ein anderes Finale gab zwischen den BR Volleys und der SVG Lüneburg?
Klein: "Ehrlich gesagt: Ich habe mich gefreut. Teams wie Lüneburg, Düren oder Giesen waren ja schon vorher nah dran. Da hat sich Friedrichshafen noch mit seiner Erfahrung durchgesetzt. Wenn du ein Verein bist, der Playoffs und gerade solche Entscheidungsspiele gewohnt ist und dein Gegner ist vielleicht zum ersten Mal in solch einem Halbfinale, hat die erfahrene Mannschaft fast immer die Nase vorn. Alle bis zum Staff wissen mit solchen Situationen umzugehen. Da ist eine ganz andere Routine drin."
Georg Klein kennt den Klassiker Berlin gegen Friedrichshafen aus beiden Perpsektiven.
(Foto: Sebastian Wells)
Sie haben ein Jahr auf Seiten des VfB und insgesamt vier Jahre für die BR Volleys diese besonderen Duelle Jahr für Jahr miterlebt. Welche Erinnerungen haben Sie?
Klein: "Friedrichshafen war für mich die erste ganz große Station in der Bundesliga. Damals zum Rekordmeister zu wechseln, war etwas Spezielles. Und dann erinnere ich mich auch an viele schöne Momente, wir waren ja recht erfolgreich. Unvergessen, wie wir gleich mal in Berlin den Supercup gegen Berlin mit 3:0 gewonnen haben, in der O2 World (heute Uber Arena). Das war natürlich cool, ein geiler Auftakt in die Saison gegen den amtierenden Meister. Es ging so weiter, wir haben auch das Pokalfinale gegen Berlin gewonnen. Das waren für mich persönlich die ersten Highlights: erster Supercup, erstes Pokalfinale. Dann am Ende sehr knapp zu Hause die Meisterschaft zu verlieren, nachdem wir in der gesamten Saison überhaupt kein Spiel verloren hatten, war natürlich auf andere Weise auch besonders."
War das die Saison, als Moritz Reichert das Finale mit einem Ass zugunsten der BR Volleys beendete?
Klein: "Nein, das war ein Jahr darauf, als ich selbst schon in Berlin war. Ruben Schott war es, damals noch sehr jung, der mit einem Ball die Linie entlang das Match entschieden hat. Natürlich wieder im letztmöglichen Spiel der Saison."
Nach nur einer Spielzeit sind Sie dann aber schon gewechselt.
Klein: "Als das Angebot aus Berlin kam, aus meiner Wahlheimat, konnte ich nicht nein sagen. Ansonsten wäre ich sicher gern noch am Bodensee geblieben."
Die Matchbälle von Ruben und Moritz haben Sie recht klar vor Augen. Was noch?
Klein: "Ich konnte miterleben, wie in Berlin zu der Zeit eine Ära aufgebaut wurde. Da ging es wirklich so richtig los. Man hat immer die Meisterschaften gewonnen, dann kamen Erfolge im Pokalfinale dazu. Berlin wurde immer konstanter, hat sich diesen Status erarbeitet: Egal, wie es steht, 2:2 nach Sätzen, 14:14 im fünften - am Ende gewinnen wir. Dazu kamen die Möglichkeiten, die sich mir bei den BR Volleys boten. Ich konnte mit Leuten zusammenspielen wie Pierre Pujol, Sergey Grankin oder Benjamin Patch. Das war schon etwas total Besonderes. Und dann: die Max-Schmeling-Halle! Jeder, der nach Berlin kommt und ein, zwei Heimspiele erlebt hat, der ist schockverliebt und will da nie mehr weg."
Georg Klein feierte in der Berliner Max-Schmeling-Halle große Erfolge und kam dafür sogar aus dem Volleyball-Ruhestand zurück.
(Foto: Maximilian Franz)
Den erwähnten Status konnten die BR Volleys durchaus erhalten. Aber wie steht es aus Ihrer Sicht um Friedrichshafen? Wie ssehen Sie dort die Entwicklung?
Klein: "Ich hole etwas aus. Man muss schon sagen, dass Friedrichshafen keine leichten Jahre hinter sich hat. Es fing damit an, dass ihnen die ZF Arena wortwörtlich wegbrach, nicht mehr bespielt werden konnte. Damit ging es natürlich erst mal bergab. Da tut mir Thilo (Späth-Westerholt, der Geschäftsführer) echt leid. Ich kenne ihn aus meiner Friedrichshafener Zeit persönlich, er war zu meiner Zeit dort zweiter Libero. Danach hat er den Job als Geschäftsführer übernommen. Er hat keinen einfachen Start gehabt. Sponsoren sind weggefallen. Dann kam Corona, gefühlt wurde es immer schwieriger für den VfB Friedrichshafen: keine Halle, weniger Geld. Dafür sind sie jetzt auf einem sehr guten Weg."
Kurzer Einspruch: Obwohl es abwärts ging - für das Erreichen des Meisterschaftsfinales hat es trotzdem immer wieder gereicht. Bis auf letztes Jahr.
Klein: "Das sind halt die Erfahrungswerte, über die ich vorhin gesprochen habe. Der ganze Verein, das Konstrukt ringsherum weiß, wie es funktioniert, in die Playoffs zu kommen, wie man das Halbfinale übersteht. So war es ja oft, dass sie sich fast schon durchgemogelt haben ?"
? aber im Finale gegen Berlin dann auf Augenhöhe waren ?
Klein: "Auf jeden Fall. Sie haben auch ihren Status, ein gewisses Selbstverständnis: Wir sind immer noch der VfB Friedrichshafen, der große Verein vom Bodensee. Auch wenn es die äußeren Einflüsse schwieriger machen, haben sie immer noch diese Aura auf dem Feld. Die wird den neuen Spielern gleich eingeprägt, so treten sie auf. Es war immer sehr unangenehm all die Jahre, gegen sie zu spielen. Das waren teilweise sehr hitzige Duelle. Genau so haben sie ihre neuen Spieler auch ausgewählt. Wenn sie vielleicht hier und da nicht mehr den einen oder anderen Euro für die ganz große volleyballerische Qualität hatten, haben sie auf andere Attribute gesetzt. Auf richtige Fighter, auf unangenehme Spieler. Wenn du sie in deinem eigenen Team hast, sind sie die besten Mitspieler der Welt. Aber du willst auf gar keinen Fall gegen sie spielen."
Und sie haben in gute Coaches investiert: einen Vital Heynen, einen Mark Lebedew und jetzt den Polen Adam Swaczyna.
Klein: "Das auf jeden Fall. Ich selbst habe von denen nur Vital kennengelernt. Vom rein Volleyballerischen her ist er der mit Abstand beste Trainer, der mich je trainiert hat. Er hat mir über Volleyball sehr, sehr viel beigebracht. Und das ist natürlich eine Grundvoraussetzung, wenn du nicht die Topspieler holen kannst, dann musst du mit jüngeren Spielern, diesen sogenannten ungeschliffenen Rohdiamanten arbeiten. Dafür brauchst du dringend einen guten Coach, der sie entwickelt. Da waren Vital und Mark sicher genau die Richtigen dafür."
Sie sagten vorhin, Friedrichshafen sei auf einem guten Weg ?
Klein: "Genau. Im letzten Jahr ist es zwar mal passiert, dass sie es nicht ins Finale geschafft haben. Aber das ist auch dem geschuldet, dass Lüneburg eine steile Kurve nach oben macht. Trotzdem sehe ich einen Aufwärtstrend in Friedrichshafen. Die Teams werden nicht mehr komplett jedes Jahr durcheinandergewürfelt. Sie haben ein kleines Fundament. Mit Vojin Cacic kommt sogar einer zurück, der dort schon mal Leistungsträger war. Das ist genau so ein Kämpfer. Wenn so einer zurückkehrt, zeigt es schon, dass der Verein in die richtige Richtung geht. Dazu haben sie Jüngere wie den Kanadier Jackson Young, die sich gerade bei der WM bewiesen haben. Und sie gehen den Weg, den die BR Volleys auch gehen: Sie versuchen, aus der eigenen Jugend Nachwuchstalente heranzuführen."
Der ehemalige Berliner Mittelblocker sieht die Entwicklungen in der 1. Bundesliga Männer positiv und freut sich auf die neuen Teams.
(Foto: Andreas Gora)
Das wird mittlerweile in der gesamten Liga zum Trend, dass junge deutsche Spieler mehr Einsatzchancen bekommen. Das liegt nicht zuletzt daran, dass nicht mehr acht, sondern mittlerweile 15 Teams an den Start gehen. Was ist Ihre Meinung zur Erweiterung der VBL?
Klein: "Das sehe ich definitiv positiv. Natürlich schaffen es die Mannschaften, die in die Bundesliga hochkommen, nicht schon im ersten Jahr, an das Niveau der leistungsstärksten Vereine anzuknüpfen. Aber es ist ein richtiger Schritt, die Bundesliga zu vergrößern. Jetzt geht es darum, diese Vereine auch zu halten. Früher sind Teams aufgestiegen, haben sich vielleicht zwei Jahre durchgekämpft und sind dann in der Versenkung verschwunden. Waren komplett weg vom Fenster. Das darf auf keinen Fall wieder passieren. Bisher läuft das ganz gut, die Klubs können sich auch finanziell halten. Und sie entwickeln sich. Jedes der Teams, die vor zwei Jahren hochgekommen sind, ist ein absoluter Mehrwert für die Bundesliga. Auch wenn klar ist: Spielerisch ist die Lücke zur absoluten Spitze noch deutlich größer als in Ligen wie in Polen oder Italien. Trotzdem freue ich mich auf die nächsten Jahre und hoffe, dass die neuen Teams sich etablieren. Ich bin mir sicher, mit jedem Jahr steigt auch die Qualität."
Sind Sie selbst eigentlich noch aktiv?
Klein: "Ich habe bis zur letzten Saison für den SV Preußen in der 3. Liga gespielt. Aber das habe ich jetzt beendet. Ich bin jetzt nur noch in den Polizeimannschaften unterwegs, für Berlin und die Nationalmannschaft."
Und sogar Europameister geworden?
Klein: "Genau! Unter anderem mit den auch in Berlin bestens bekannten Robert Kromm und Ricardo Galandi."


