Diejenigen, die Bitterfeld-Wolfen nicht kennen, werden erstaunt sein.
Bitterfeld-Wolfen präsentiert sich als eine Stadt des Wandels, nämlich als grüne Industriestadt am See - und bald vielleicht auch als Erstliga-Standort im Herzen Deutschlands. Z ugegeben, der Teilsatz am Ende ist anders als der Rest so noch nicht auf der Homepage der größten Stadt im Landkreis Anhalt-Bitterfeld zu lesen. Doch ein paar mutige Gesellen arbeiten derzeit fieberhaft daran, dies zu ändern " Wir wollen nicht gleich deutscher Meister werden", sagt Michael Eisel, Präsident des VC Bitterfeld-Wolfen, mit einem leichten Schmunzeln, ehe er ernst hinzufügt: "Wir wollen im unteren Bereich wettbewerbsfähig sein. Alles andere macht keinen Sinn."
Falls der VC Bitterfeld-Wolfen den Schritt in die 1. Bundesliga wagt, will das Team im unteren Bereich wettbewerbsfähig sein.
Die durch die VBL vorgenommene Anpassung der Lizenzanforderungen in der 1. Bundesliga Männer eröffnet dem VC Bitterfeld-Wolfen eine Chance, die anders vielleicht nicht greifbar gewesen wäre. Im November hatte der Club den ersten formalen Schritt erfolgreich absolviert und einen Antrag auf Vorlizenzierung gestellt. Nun geht es darum, für das eine Ziel die Bedingungen zu schaffen. Die Marschroute ist klar: " Wir gehen nur in die 1. Bundesliga, wenn wir das mit einem guten Gewissen machen können. Wir wollen nichts zerstören, was wir in elf Jahren in der 2. Bundesliga aufgebaut haben", sagt Eisel.
Während Eisel der Mann ist, der mit seinen vielen Kontakten unterwegs ist und versucht, nah an den Leuten zu bleiben, übernimmt Vereins-Vizepräsident Udo Hammer die Rolle am Schreibtisch. In der Geschäftsstelle hält er die Stellung. Buchhaltung, Rechnungsverwaltung - business as usual auch für einen Zweitligisten. 85 Prozent der Gesamtkommunikation laufen über die Räumlichkeiten in der Eisenbahnstraße. Seit Wochen steht das Telefon jedoch kaum mehr still. "Viele Gespräche, die wir zur Zeit führen, stimmen uns sehr optimistisch. Wir brennen dafür und wir spüren große Unterstützung", so Hammer, der eine breite Öffentlichkeit für die Idee des Aufstiegs begeistern will. "Wir versuchen, auch politisch zu arbeiten. Wir wollen, dass die Stadt auch dahintersteht."
Es geht um so vieles. Gelingt der Aufstieg und etabliert sich der VC BiWo im Oberhaus, muss über kurz oder lang eine neue Halle her. " Wir sind bereits seit einiger Zeit in Gespräche eingebunden, wo es um den Bau einer neuen, modernen Mehrzweckhalle geht. Aber der Prozess hat erst begonnen, der Weg ist noch lang", sagt Hammer. Für die aktuelle Heimspielhalle sollen in jedem Fall neue Tribünenteile besorgt werden, um die Kapazität zu erhöhen und einen Schritt der Eventisierung zu gehen. "Wir wollen auf jeden Fall in Bitterfeld-Wolfen spielen. Einen Wegzug ziehen wir nicht in Betracht", macht Eisel klar.
In der 2. Bundesliga Männer Nord spielt der VC Bitterfeld-Wolfen erfolgreich oben mit.
Der Vereinspräsident sieht den VC BiWo als lokalen Verein und das soll er auch bleiben. "Wir haben uns in den letzten Jahren zu einer guten Adresse für junge Spieler aus den Nachwuchszentren gemausert", sagt Eisel und betont nicht ohne Stolz, dass ein Großteil derer bereits ihre Verträge verlängert haben, weil sie sich im Verein und der Umgebung wohlfühlen. "Wir wollen unsere Identität auf jeden Fall behalten und die Region repräsentieren."
Um den nötigen Etat für den Aufstieg zu stemmen, setzt der Verein auch auf die Mithilfe des Wirtschaftsbeirats. Seit vielen Jahren unterstützt dieser Zusammenschluss aus Personen aus Wirtschaft und Politik den VC Bitterfeld-Wolfen in unterschiedlichen Belangen - ob Sponsorensuche, Verwaltungsfragen und organisatorische Themen, der Beirat steht bereit. Lothar Schwarz, Unternehmens- und Kommunikationsberater, ist der Vorsitzende des Beirates und bringt den Grundgedanken hinsichtlich des Aufstiegs auf den Punkt: "Ich bereite mich auf meinen 73. Geburtstag vor und meine Zeit im Verein ist endlich. Ich möchte unbedingt einmal zu Hause gegen die BR Volleys spielen. Aber wir starten nicht mit einem Trabi in der Formel 1."
Mehr als 40 Jahre jünger ist Michael Haßmann, doch auch ihn lässt der Gedanke an die 1. Bundesliga nicht los: "Sportlich ist das natürlich total reizvoll für mich", sagt der Kapitän des Zweitliga-Teams, der auch Jugendwart im Verein ist. "Jeder Außenstehende wird sagen, ja toll. Aber wir sind es gewöhnt, oben mitzuspielen und in der 1. Liga wird das anders sein. Darauf muss man sich einstellen", sagt der 30-jährige.
Michael Haßmann, Kapitän des Zweitliga-Teams der auch Jugendwart im Verein ist, in Aktion.
Ein klares Pro-Argument ist der Fakt, dass der VC BiWo wohl nicht allein den Gang ins Oberhaus beschreitet. "Weil man dann konkurrenzfähig im unteren Drittel ist. Es ist jetzt eine Zeit, wo die Chance auf jeden Fall größer ist, als je zuvor", so Haßmann. Die VBL hat den Aufsteigern zugesichert, dass sie mindestens zwei Jahre in der Bundesliga verbleiben können. Ein weiterer Pluspunkt. Trotzdem macht Schwarz klar: "Wir wollen den Etat zusammenzukriegen, um wettbewerbsfähig zu sein, damit wir uns auch trotz der Nichtabstiegsklausel nicht blamieren." Gemeinsam mit den Mitstreitern will Präsident Eisel den Verein nicht nur finanziell auf belastbare Füße stellen. Die Geschäftsstelle soll durch einen Marketingexperten erweitert werden. "Wir sind, glaube ich, für einen Zweitligisten sportlich schon ganz gut aufgestellt. Auf organisatorischer Ebene müssen wir noch eine Schippe drauf packen", sagt Eisel. "Aber die Vereine der 1. Bundesliga haben sich auch nicht über Nacht professionalisiert. Wir sind da auf einem gutem Weg."
"Es gibt keinen Erstligisten im Männerbereich in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt und da liegt unser Potenzial", sagt Udo Hammer und strahlt Zuversicht aus. Eisel ergänzt: "Die Stellschrauben, die zu drehen sind, sind machbar. Wir werden unseren Verein nicht aufs Spiel setzen. Und genau aus diesem Grund gehen wir den Aufstieg mit der erforderlichen Sorgfalt an." Bis April wollen Michael Eisel und seine Mitstreiter Etat und Mitarbeiter beisammen haben. "Spieltagsorganisation und Spielerverpflichtung, das packen wir dann auch noch."