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Olympia: Der Goldene

22.08.2016 • Olympia Autor: DVV 6657 Ansichten

Beim Stand von 1:0-Sätzen und 18-13 im Finale von Rio war sich Jürgen Wagner sicher: "Es ist vollbracht!" Wenig später war es so weit, sein Team Laura Ludwig /Kira Walkenhorst gewann Gold in Rio. Für den 60-jährigen Chef-Trainer war es nach Gold in London mit Julius Brink /Jonas Reckermann der zweite Olympiasieg.

Damit unterstrich Wagner seinen Ruf als begnadeter Trainer, "er darf sich nun als der erfolgreichste deutsche Volleyballtrainer schimpfen", so Ex-Olympionike Oliver Oetke treffend.

Wagner schafft es wie kein Zweiter, Teams zu formen und zu einer Einheit zu bilden, der Erfolg stellt sich automatisch ein. Dabei steht nicht das Ziel im Vordergrund, sondern das Wie. "Die Hauptsache ist, dass wir uns auf uns konzentrieren und in unseren Handlungen bleiben und nicht nervös werden. Das wurde uns vier Jahre lang von Jürgen eingeflößt", gab Ludwig nach dem Triumph die Vorgabe bekannt.

Wagner ist ein akribischer Arbeiter, der sich seine Kompetenz über Jahrzehnte erworben hat. Zunächst im Volleyball als Bundesligatrainer (u.a. Meister und Pokalsieger mit Moers) und Co-Trainer (DVV-Frauen), seit 2000 dann auch im Beach-Volleyball: "Danja Müsch und Maike Friedrichsen sind daran schuld, dass ich am Beach gelandet bin, das war vor Sydney", erinnert sich der "Rote", wie er ob seiner Haarpracht genannt wird. Es folgten vier Olympia-Teilnahmen als Beach-Cheftrainer (2004 mit Markus Dieckmann/Jonas Reckermann , 2008 als "Schweizer" mit Patrick Heuscher/Sascha Heyer, 2012 mit Brink/Reckermann und jetzt Rio) und "Doppel-Gold". Dabei kommt ihm sein großer olympischer Erfahrungsschaft zugute, wie er einräumt: "Es ist ein Unterschied, ob man es zum ersten oder zum vierten Mal macht und ob man schon einmal eine Medaille geholt hat oder nicht. Man hat eine größere Entspanntheit. Ich bin davon überzeugt, dass ich weiß, wie ich es machen muss."

Dabei ist seine Herangehensweise stets die Gleiche: "Ich habe eine Idee, wie Beach-Volleyball auf dem höchsten Level perfekt funktioniert. Und dann muss ich sehen, wie ich dieses Ziel mit den Spielerinnen, mit denen ich arbeite, auf individuellen Wegen erreichen kann." Um dann ruhig nachzuschieben: "Das hat gut funktioniert!" In der Tat: Ludwig/Walkenhorst waren den anderen Teams in allen Belangen überlegen, spielerisch, taktisch, athletisch und auch mental voll auf der Höhe: "Die wenigsten Teams haben es nicht getan oder sie können es nicht, sich auf die Olympischen Spielen vorbereiten mit einem großen Stadion und vielen Zuschauern. Man kann vorbereiten, dass die Spielerinnen nervös sind. Kriegen sie Angst oder bringen sie Top-Leistungen. Das kann man vorbereiten", so Wagner.

Dazu hat er sich ein Team seines Vertrauens zusammengestellt: Trainer-Kollege Hans Voigt (er stieg im vergangenen Jahr aus persönlichen Gründen aus), Physiotherapeut Jochen Dirksmeyer, Scout Ron Gödde oder Teamarzt Dr. Michael Tank waren bereits beim Olympia-Coup von Brink/Reckermann dabei, Helke Claasen (Co-Trainerin) und Anett Szegeti (Psychologin) bildeten die wichtige weibliche Komponente. Denn: "Die Systematik, wie wir das aufgebaut haben, wie man mit Teams arbeitet, welche Bedeutung das eigene Team und die Individuen haben, das ist alles gleich. Das Konstrukt um das Team herum ist auch gleich. Der Rest ist total anders. Das Team ist anders besetzt, das Team hat anders gearbeitet als bei Jonas und Julius. Frauen haben ganz andere athletische Möglichkeiten als Männer, auch die Psyche spielt eine Rolle." Und Wagner wäre nicht Wagner, wenn er nicht sofort hinterher schieben würde: "Das ist hier ein brutales Team, das habe ich so noch nicht erlebt. Alle arbeiten für das Team, Vollgas in eine Richtung, ohne sich profilieren zu wollen."

Elefant und Krododil

Bevor das Team den Olymp erklomm, musste enorm viel geleistet werden. Wagner vermittelte seine Ideen und sein Konzept, die Spielerinnen mussten sich darauf einlassen, bis hin zu Persönlichkeitsveränderungen. Wagner verdeutlicht die Anfangsphase plakativ an einem Beispiel: "Man braucht ein Jahr, um trainieren zu lernen. Ich habe ein klares Bild, ein klare Konzept, aber sie wissen nicht, wovon ich rede. Am Anfang hätten wir völlig andere Bilder gemalt: wir hätten alle Tiere gemalt, ich ein Krokodil, die Mädels einen Elefanten." "Heute würden wir die gleichen Tiere malen", ist sich Wagner sicher.

Ob Elefant oder Krokodil, 2016 liefe es wohl eher auf den Löwen, den König der Tiere hinaus. Ludwig/Walkenhorst sind auf dem vorläufigen Zenit ihres Könnens angekommen, auch wenn Wagner mit seiner Aussage den Gegnerinnen ein wenig Angst einflößen dürfte: "Wir sind noch lange nicht bei 100%, da gibt es noch viele Ideen. Man kann noch optimieren und verbessern." In Rio zeigte sich der fast nie Zufriedenstellende aber gnädig, lobte sein Team, den Trainerstab und auch sich selbst ein wenig: "Ich habe es noch nie geschafft, mit einem Team alle Bereiche auf einen Punkt zu bringen. Hier hat alles funktioniert: Spielstruktur, Athletik, Psyche. Ich bin jemand, der Leistungen genießt. Und ich genieße, dass wir diese Leistung auf den Punkt abgerufen zu haben. Das macht mich schon stolz!" Und es schien so, als wenn im Sonnenlicht das Haar leicht golden schimmerte und aus dem "Roten" der "Goldene" wurde.

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