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40 Jahre Volleyball Bundesliga: Im Glanz der Schale

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Bundesligen: 40 Jahre Volleyball Bundesliga: Im Glanz der Schale

26.03.2015 • Bundesligen Autor: VBL 7597 Ansichten

Seit 1977 begleitet das Volleyball-Magazin den deutschen Volleyball. Anlässlich des 40-jährigen Jubiläums der Bundesliga ruft das Fachmagazin noch einmal die größten Momente und witzige Anekdoten aus vier Jahrzehnten Volleyball Bundesliga in Erinnerung.

40 Jahre Volleyball Bundesliga: Im Glanz der Schale - Foto: Günter Kram

Zuletzt durften sich die BR Volleys dreimal in Folge über die Meisterschaft freuen (Foto: Günter Kram)

Die erfolgreichsten Ären

Der Begriff Ära stammt aus dem Lateinischen und bezeichnet die Zeitdauer einer Währung. Die Währung im Sport ist Erfolg. Nur wenige der bislang 59 Erstligisten bei den Männern und 55 bei den Frauen waren in diesem Währungssystem so stabil, dass sie eine ganze Epoche prägten. Ullrich Kroemer stellt die erfolgreichsten Ären in 40 Jahren Bundesliga vor.

Frauen:

SV (Bayern) Lohhof

von 1982 bis 1984 und 1986 und 1988 Deutscher Meister und viermal Pokalsieger (1982 bis 1984 und 1986)

Seit Gründung der Frauen-Bundesliga 1976/77 waren Schwerte und Münster die bestimmenden Teams gewesen. Doch Anfang der 1980er Jahre machte sich ein Verein aus Bayern daran, als erste Mannschaft eine Ära zu prägen. Nur unterbrochen von der TG Viktoria Augsburg holte der Verein vom Rande der Millionenstadt München in sieben Jahren zwei Titel-Hattricks hintereinander. Der SV, später Bayern Lohhof, war der erste Klub im westdeutschen Frauen-Volleyball, der bei sich professionelle Strukturen einführte: Profispielerinnen (aus dem Ausland), Trikotwerbung, sechsstellige Etats oder tägliches Training - das gab es vorher noch nicht. Da diese Konsequenz neu in der Szene war, entwickelte sich Lohhof zum Feindbild: "Jeder wollte uns schlagen, am liebsten sogar killen”, sagt die frühere Lohhof-Ikone Terry Place. "Es war der ganz normale Bayern-München-Effekt - gegen die will ja auch jeder gewinnen.” Beendet wurde die erste Ära der Frauen-Bundesliga schließlich vom CJD Feuerbach, das Bayern Lohhof mit dessen eigenen Mitteln schlug. Eine große Geschichte zur Lohhofer Ära lesen Sie in der VM-Ausgabe 2/2015.

CJD Feuerbach

von 1989 bis 1991 dreimal Deutscher Meister und viermal Pokalsieger (1987 bis 1990)

Der Professor und Pfarrer Arnold Dannenmann, Gründer des Christlichen Jugenddorfwerkes (CJD), hielt Volleyball als Spielsportart ohne direkte Gegnereinwirkung, Zweikämpfe und Fouls für perfekt, um den christlichen Glauben zeitgemäß zu verbreiten. Also verpflichteten Dannenmann und seine Söhne 1984 Mathias Eichinger, zuvor Co-Trainer in Lohhof, um mit dem bislang sozialpädagogisch geführten Team SG/JDZ Feuerbach einmal Deutscher Meister zu werden. "Das Feuerbacher Erfolgsmodell war, dass wir bereits im Januar anfangen konnten, für die nächste Saison zu planen”, erinnert sich Eichinger. Die bis dahin fehlenden Gelder steuerte das CJD bei, seit 1987 als Namenssponsor. Um Zuspielerin Renate Riek herum baute Eichinger so ein Team auf, das die Szene Ende der 80er Jahre bestimmte. Mit dem ersten Pokalsieg 1987 begann die Ära von vier Pokalsiegen und drei Meistertiteln in Serie. Die Dominanz des Dauerrivalen Lohhof brach Eichinger mit einer List. Der CJD-Coach brach einen Streit mit seinem Kollegen Andrzej Niemczyk vom Zaun. Der habe vor wichtigen Duellen der Rivalen stets seine Position als Bundestrainer ausgenutzt und die Feuerbacher Nationalspielerinnen manipuliert, sagt Eichinger. Das unterband der junge Trainer - mit Erfolg. Das Ende der Ära hatte zwei Gründe: Zunächst verließ Eichinger den Verein wegen Differenzen mit dem neuen CJD-Leiter. Nachdem er zurückgekehrt war, beendete der Sponsor Anfang der 1990er Jahre sein Engagement im Profisport, weil die Jugendhilfe bei Spekulationen in den neuen Bundesländern etwa 50 Millionen D-Mark in den Sand gesetzt hatte.

Schweriner SC

seit 1995 zehnmal Deutscher Meister (1995, 1998, 2000 bis 2002, 2006, 2009, 2011 bis 2013) und fünfmal Pokalsieger (2001, 2006 bis 2007, 2012, 2013)

Schwerin als modernes Bayern München des Frauen-Volleyballs? "Wenn man die Erfolge sieht, kann man das sicherlich so sehen”, sagte Manager Michael Evers 2013. Nach dem dritten Meistertitel des Klubs in Serie und dem insgesamt zehnten Erfolg in der nationalen Serie seit 1990 war der SSC mal wieder das Nonplusultra der Szene. "Wir verfügen mit Dresden über die besten Strukturen im deutschen Frauen-Volleyball, haben bei uns exzellente Trainings- und Wettkampfbedingungen und auch ein hochprofessionelles Umfeld, das um die Mannschaft herum arbeitet”, sagte Evers stolz: "Die Summe daraus bringt letztlich den Erfolg.” Unter den Meistertrainern Mike Schöps, Tore Aleksandersen und Teun Buijs sowie Ausnahmespielerinnen und Identifikationsfiguren wie Silvia Roll, Patricia Thormann oder Ute Steppin entwickelte Schwerin über Jahre hinweg eine Siegermentalität, die die Konkurrenz verzweifeln ließ - den Dresdner SC drei Jahre am Stück. Den Schweriner Umbruch nach Trainerwechsel und dem Abgang diverser Leistungsträger nutzte der Konkurrent aus Dresden für sich aus und brach die Schweriner Dominanz. Vielleicht war ja das hartnäckige Duell zwischen SSC und DSC der Ursprung einer neuen Ära.

Männer:

USC Gießen

von 1982 bis 1984 dreimal in Folge Deutscher Meister, einmal Pokalsieger (1984)

Die ambitionierten Freizeitsportler des USC Gießen spielen heute in der Landesliga Nord in Hessen. Vor gut 30 Jahren war es der USC Gießen, der nach wechselnder Dominanz von 1860 München, des Hamburger SV, Bayer Leverkusen und SSF Bonn als erster Klub in der Bundesliga drei Meistertitel in Serie schaffte. Zentrale Figur beim Serienmeister: Burkhard Sude, "Mister Volleyball”. Sude, der heute als Zahnarzt tätig ist und seine Tochter Julia trainiert, sagt: "Unsere Vision war, einmal Deutscher Meister zu werden. Ich wusste, mit viel gutem Training kann man was erreichen.” Sude haute den Gegnern nicht nur die Bälle um die Ohren, sondern hatte auch großen Einfluss auf das Training. Er integrierte Rückraumangriffe, "Einbeiner” und Sprungaufschläge in das Repertoire - Anfang der 1980er Jahre alles Neuerungen in der Bundesliga. "Wir haben uns richtig gut verstanden und hervorragend ergänzt”, sagt Sude. "Bei uns wurde jeder nach seinen Stärken eingesetzt.” Die Gießener Sporthalle platzte nun nicht nur aus allen Nähten, wenn die erfolgreichen Basketballer aufliefen; auch die Volleyballpartien wurden zum Kassenschlager. Clever: Sude & Co. waren mit ein paar Mark pro Spieler an den Einnahmen beteiligt. Durch die Verpflichtung von Universalspieler Frank Winkler erlangte die verschworene Studententruppe schließlich Meisterreife. "Frankies Verpflichtung war das i-Tüpfelchen”, sagt Sude. Der 203-malige Nationalspieler spielte beim ersten Titel 1982 bereits seit acht Jahren in Gießen. Als Sude 1984 nach Falconara in die italienische Profiliga wechselte, brach das USC-Dreamteam zusammen. Zwar kehrte der fünfmalige "Volleyballer des Jahres” bereits 1985 zurück, doch die Zeit des USC Gießen war vorüber. Es war Zeit für eine neue Ära.

Hamburger SV

von 1985 bis 1988 viermal Deutscher Meister und dreimal Pokalsieger (1983, 1985, 1989)

Als Frank Mackerodt 1978 seine ersten Bundesligaspiele bestritt, war er gerade 15 Jahre alt. "Ich habe noch nicht einmal den Stemmschritt richtig beherrscht”, sagt der heute 51-Jährige. Doch da Ex-Trainer Günter Blume einige Spieler zum Lokalrivalen SC Norderstedt mitgenommen hatte, war Not am Mann. Obwohl der HSV zunächst in die 2. Liga abstieg, war das die Geburtsstunde der Hamburger Ära. Das "Kleeblatt”- Leif Andersson, Christian Voß, Hauke Braack und Frank Mackerodt - gedieh in dieser Zeit und bildete über Jahre den Kern des HSV-Teams. Im Unterschied zu anderen Ären der Bundesliga-Historie prägte nicht ein einzelner Trainer oder Spieler, sondern eine verschworene Spielergemeinschaft mit häufig wechselnden Trainern diese Epoche. Der Pole Jan Gorski legte die technischen Grundlagen, Spielertrainer Klaus Meetz führte das junge HSV-Team zurück in die Bundesligaspitze, Zbigniew Zarzycki brachte nach der ersten Deutschen Meisterschaft die Siegermentalität für weitere Titel in die Hansestadt, bevor Olaf Kortmann das Team mit moderner Trainingslehre weiterentwickelte. "Wir hatten das Glück, immer den richtigen Trainer zur richtigen Zeit zu haben”, sagt Mackerodt. Weil die HSV-Fußballer Ende der 1980er Jahre finanzielle Probleme hatten, entschied der Verein, die höchst erfolgreiche Volleyballabteilung abzustoßen. Dieser Schnitt war gleichbedeutend mit dem Ende des Hamburger Männer-Volleyballs auf Spitzenniveau. "Ein Verein mit der Strahlkraft des Hamburger SV fehlt der Volleyball Bundesliga in der heutigen Zeit”, sagt Mackerodt.

VfB Friedrichshafen:

12-mal Deutscher Meister (1998 bis 2002, 2005 bis 2011) und 13-mal Pokalsieger (1998 bis 1999, 2001 bis 2008, 2012, 2014, 2015)

Auch der VfB Friedrichshafen hat einmal klein angefangen. Nach dem ersten Aufstieg in die deutsche Eliteklasse 1981 dauerte es bis zum 23. Januar 1982, bis dem Klub vom Bodensee der erste Bundesligaerfolg glückte. Dass unzählige weitere Siege folgen würden, war damals noch nicht abzusehen. Nach einigen dritten und zweiten Plätzen holte der damalige Abteilungsleiter Erwin Weißhaupt 1997 Stelian Moculescu zum erfolgshungrigen VfB. "Ich habe gewusst, den Hunger zu stillen, aber gleichzeitig neuen zu entfachen. Wir haben uns gesucht und gefunden”, erinnert sich "Stelu”. Der ewige Grantler erfand den Standort Friedrichshafen neu und hob mit seinen Mitstreitern Vereinsstrukturen und Leistungsstärke auf Weltniveau. 2007 krönte er mit dem Triple aus Meisterschaft, Pokal- und Champions-League-Triumph die Ära des VfB. "Den Hunger bei mir zu erhalten, das war immer einfach. Den Hunger bei meinen Mitstreitern zu erhalten, das ist schwieriger”, sagt Moculescu heute. "Wenn man nur bewahrt, anstatt immer weiter zu gehen, dann kann man sich nicht weiterentwickeln.” Aktuell ist der 64-Jährige dabei, die Geschichte des VfB noch einmal neu zu erfinden.

BR Volleys

von 2012 bis 2014 dreimal Deutscher Meister in Folge

Mark Lebedew ist ein höflicher Mann: Berlins Trainer vergisst nie zu erwähnen, welchen Respekt er vor den Erfolgen des VfB Friedrichshafen hat. Dabei hat er inzwischen selbst eine Ära begründet. Während die Macher im Hintergrund die Marke BR Volleys erfanden, stellte der Australier ein Team auf die Beine, das die Dominanz des VfB brach. Lebedew mixte seine Erfahrungen aus den Lehrjahren in Belgien, Italien und Polen zum eigenen, zeitgemäßen Erfolgsstil: Er schuf eine von Vertrauen, Respekt und der Gier nach Erfolgen geprägte Atmosphäre. Die Volleys schafften den Titel-Hattrick nicht etwa, weil sie bessere Einzelspieler hatten als Friedrichshafen, sondern weil Manager Niroomand und Lebedew das stimmigere Team formten. Und wer weiß: Vielleicht ist die jüngste Ära der Volleyball Bundesliga ja noch längst nicht beendet?

Auch Klubs wie 1860 München, die SSF Bonn, Bayer Leverkusen und der ASV Dachau bei den Männern sowie der 1. VC Schwerte, der USC Münster und das CJD Berlin bei den Frauen haben mit mehreren Meistertiteln die deutsche Szene geprägt: Ähnlich wie die Roten Raben Vilsbiburg und der Dresdner SC in jüngerer Vergangenheit. Doch da es in diesem Text um jahrelange Vormachtstellungen geht, haben wir den Begriff Ära mit mindestens drei Deutschen Meistertiteln in Serie definiert.

Autor: Ullrich Kroemer / Volleyball-Magazin

Diese Geschichte und viele andere Berichte finden Sie im Volleyball-Magazin (Ausgabe 03.2015), das beim Philippka-Sportverlag erhältlich ist. Das nächste Volleyball-Magazin (Ausgabe 04.2015) erscheint zu diesem Wochenende und ist im gut sortierten Zeitschriftenhandel erhältlich. Darin wird es in der Rubrik "40 Jahre Bundesliga" eine Geschichte über Stelian Moculescu geben, der Erinnerungen und Anekdoten seiner Karriere erzählt.

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